Kompetenzen statt Verhaltensnormen

Egal ob „Branded Behavior“, „Behavioral Branding“, „Internal Branding“ oder „markenorientiertes Mitarbeiterverhalten“ – alle Bezeichnungen stehen für die Entwicklung und den Einsatz der Mitarbeiter für den Erfolg der Marke. Denn die Erfahrung zeigt, dass eine erfolgreiche Markendifferenzierung nicht ohne die wichtigste Ressource eines Unternehmens – seine Mitarbeiter – funktioniert.

„Die Empfangsdame, der Monteur oder der Verkäufer sind für das Image entscheidender als die Worte des Vorstandsvorsitzenden oder der Unternehmenskommunikation.“

Dieses Zitat von Emilio Galli-Zugaro, Leiter der Unternehmenskommunikation der Allianz Gruppe, unterstreicht die Bedeutung von markenorientiertem Mitarbeiterverhalten für die Markenwahrnehmung eines Unternehmens. Leslie De Chernatony, Professor des Brand Marketings an der Università della Svizzera italiana drückt dies in seiner vielzitierten Aussage ähnlich aus: „Brands start their lives through the work of employees”.

Das Konzept des markenorientierten Mitarbeiterverhaltens existiert seit etwa 2004. Es basiert auf der Idee, die Unternehmensmarke sowie die mit ihr verbundenen funktionalen und emotionalen Werte und Attribute in konkrete Verhaltensweisen für Mitarbeiter (insbesondere im Kundenkontakt) umzusetzen, um die Markenwahrnehmung der Kunden positiv zu beeinflussen, die Markenloyalität zu erhöhen und zur Markendifferenzierung beizutragen.

Markenkompetenz vermitteln statt genormte Verhaltensweisen trainieren

Branded Behavior ist nichts, was durch das Verteilen eines Markenhandbuchs oder die Durchführung eines halbtägigen Workshop erreicht werden kann. Denn es geht nicht um das Abspulen von markenorientierten Verhaltensweisen (wie zum Beispiel das Duzen bei Ikea oder die amerikanische Begrüßung bei Hollister), sondern darum, dass der Mitarbeiter in die Lage versetzt wird, in jeder Situation adäquat und kreativ auf seinen Kunden zu reagieren.

Dies kann nicht über das Schulen von Verhaltensweisen sondern ausschließlich über das Entwickeln von mit den Markenwerten korrespondierenden Kompetenzen erreicht werden.

Mitarbeiter dürfen also nicht in ein starres Verhaltenskonzept gezwängt werden, das (wenn es denn überhaupt befolgt wird) oftmals weder zu ihrer Persönlichkeit, noch zu allen denkbaren Situationen im Kundenkontakt passt. Sie müssen stattdessen dazu befähigt werden, aus den grundlegenden Gedanken ihrer Marke heraus eigenständige Lösungswege zu finden.

Die langfristige Einführung & Umsetzung von markenorientiertem Mitarbeiterverhalten durch Kompetenzentwicklung erfordert mehrere, aufeinander aufbauende Schritte:

  • die Entwicklung einer unternehmensspezifischen Markenplattform, welche die Inhalte für die Entwicklung der markenorientierten Kompetenzen liefert
  • eine Kooperation des Markenbereichs mit der HR-Abteilung bei der Planung und Durchführung von Maßnahmen zur Kompetenzentwicklung sowie der Entwicklung einer auf Markenkompetenz basierten Einstellungspolitik
  • die Einführung bonusrelevanter Marken-KPI‘s für Mitarbeiter in den Kundenkontaktpunkten und im Management
  • sowie schlussendlich einen Paradigmenwechsel im Management denn: „Nur wenn Markenarbeit beim Markenmanager auch wirklich belohnt wird, also positive wie negative Konsequenzen hat, wird ein markenorientiertes Verhalten und die Ausrichtung an der Markenplattform nachhaltig stattfinden.“

Wie am Umfang der Maßnahmen deutlich wird, gehört eine solche Unternehmenstransformation definitiv nicht zur Kategorie „quick win“. Für Unternehmen, die zur Markendifferenzierung insbesondere auf die Wirkung ihrer Mitarbeiter im Kundenkontakt angewiesen sind (bspw. Einzelhandel, Banken & Versicherungen und Telekommunikationsdienstleister) stellt Behavioral Branding eine wichtige Möglichkeit dar, sich langfristig nicht nur gegen Wettbewerber, sondern auch gegen den wachsenden Bedeutungsverlust gegenüber E-Commerce durchzusetzen.

Fazit: Markenorientiertes Verhalten bedeutet immer einen Wandel der Unternehmenskultur. Wer eine echte Veränderung der Unternehmenskultur erreicht, schafft es auch seine Marke vom Wettbewerb zu differenzieren.

Text: Torsten Henning Hensel & Claus-Peter Heinrich