Digitaler Wandel meets Technikpessimismus

Wenn in Deutschland über Zukunft, Fortschritt oder Technologie gesprochen wird, dann immer nur mit warnend erhobenem Zeigefinger… Alles Neue ist grundsätzlich gefährlich, steckt voller unkalkulierbarer Risiken, lädt zu permanentem Missbrauch ein und will dem deutschen Bürger auch nur Böses…

Progressiv denkende Menschen wie ich können diese Negativsicht der Welt nur schwer nachvollziehen. Man muss ja nicht gleich in naiven Optimismus verfallen, aber ich finde es hilfreich, den Blick nicht immer nur auf die Risiken zu richten, sondern auch mal auf die Chancen, nicht immer nur auf den möglichen Schaden, sondern auch mal auf den potenziellen Nutzen.

Bei meiner Arbeit ist es mir wichtig, Menschen, Institutionen und Unternehmen in ihrem Denken und Handeln dahingehend zu lenken, dass sie die Chancen, die das Digitale bietet, so nutzen, dass daraus Segen und Wohlstand für alle – und nicht nur für eine Minderheit – entsteht. 

 

 

„Digitale Ethik“ als Technikoptimismus-Vehikel 

Wenn man Fortschrittsoptimismus fördern möchte, muss man dafür sorgen, dass Rahmenbedingungen geschaffen werden, die Grund zum Optimismus liefern. Dies gelingt nur, wenn man den Fortschritt zum Vorteil aller Menschen gestaltet und dafür sorgt, dass sich ihre Lebensverhältnisse verbessern und sie an einer sog. „Fortschittsrendite“ teilhaben. 

Momentan ist es leider oft noch so, dass nur eine Minderheit von den Vorteilen der Digitalisierung profitiert. Die Mehrheit der Menschen sieht noch immer, dass das, was da auf sie zukommt (insbes. Jobverluste durch Automatisierung und KI), allen Grund zur Besorgnis liefert.

Mit einer Selbstverpflichtung zur Einhaltung einer „Digitalen Ethik“ können Unternehmen dafür sorgen, dass die Rahmenbedingungen für eine sichere, transparente und verantwortungsbewusste Gesundheitswelt entstehen können, die dabei hilft, dass Menschen hier berechtigterweise auch Vertrauen in digitale Technologien und Technikoptimismus entwickeln können.  

 

Jedem sein Zukunftsszenario…? 

Zum Thema „Digitaler Wandel“ existiert eine Fülle von Meinungen, Zukunftsszenarien, Fehleinschätzungen und Halbwahrheiten. Je nach Charaktertyp (Optimist / Pessimist) kann sich jeder mit den für sich passenden Argumenten versorgen. 

Objektivität und realistische Szenarien helfen, Menschen eine bessere Einschätzung zu geben, was sich tatsächlich ändern kann und muss, um Verbesserungen für alle Beteiligten zu erzielen.

Insbesondere sollte dabei einem negativen Populismus entgegengewirkt werden, der in allem Digitalen den Teufel sieht (Datenmissbrauch, Kontrollverlust…) und sich hauptsächlich in den unteren prekären und traditionell orientierten konservativen Milieus wiederfindet.

 

Jedes Milieu nimmt Digitalisierung anders wahr! 

Entscheidend in der Kommunikation digitaler, zukunftsorientierter Produkte und Services ist es meiner Ansicht nach, die Menschen dort abzuholen, wo sie in Bezug auf Digitalisierung bzw. Modernisierung allgemein mental und charakterlich stehen. Dabei helfen einem die Sinus-Milieus, eine erste schnelle Einordnung vorzunehmen.

 

Zukunftspessimisten (konservative Milieus):

  • haben Angst vor Digitalem, sind besorgt um Wohlstand und Wohlergehen von Deutschland, Familie, sich selbst
  • große Sicherheitsbedenken, Angst vor Datenmissbrauch
  • sehen nur die Risiken und Gefahren der Digitalisierung

 

Zukunftsverlierer/gefährdete (prekäre Milieus):

  • sind oder sehen sich und ihre Arbeitsplätze als durch die Digitalisierung bedroht, schlechte Zukunftsaussichten
  • stehen digitalen Technologien im privaten Bereich oft eher positiv gegenüber (Smartphone, PC, Konsole…)
  • haben eher geringe Bildung und oft zu wenig Geld, um die Vorteile des Digitalen Wandels voll auszukosten
  • sehen sich als Abgehängte vom Digitalen Wandel und als Verlierer, die höhere Instanzen brauchen, um ihre Interessen und Bedürfnisse durchzusetzen

 

Zukunftsoptimisten (progressive Milieus):

  • digital Affine (Digital Natives), sehen alles Digitale eher positiv und als selbstverständlichen Teil ihres Lebens an
  • beherrschen eher die Technik als von ihr beherrscht zu werden; leiden eher unter Folgen des Digitalen Wandels (Infoflut, Geschwindigkeit, ständige Erreichbarkeit, Vermischung von Beruf und Privatem) als unter den digitalen Technologien selbst; oft Betroffene der neuen Zivilisationskrankheiten (Handy-Nacken & Co.)

 

 

Jeder der drei Mindsets muss anders abgeholt werden… 

Will man den Digitalen Wandel und seine Segnungen erfolgreich kommunizieren, sollte man die unterschiedlichen Digitalisierungsmindsets differenziert ansprechen. Zum einen durch entsprechend austarierte (implizite) Kernbotschaften. Zum anderen durch eine entsprechende Anpassung der Grundtendenz der Tonalität.

 

Zukunftspessimisten (konservative Milieus):

  • Keine Angst vor Digitalisierung  
  • Wir setzen uns für eine sichere Digitalisierung ein
  • Digitalisierung bringt deutlich mehr Vorteile und Chancen als Risiken

 

Zukunftsverlierer/gefährdete (prekäre Milieus):

  • Wir setzen uns für einen fairen, gerechten und gesunden Digitalen Wandel ein, der für alle ein Gewinn ist
  • Digitalisierung bringt deutlich mehr Vorteile und Chancen als Risiken
  • Wir kümmern uns auch um die negativen Begleiterscheinungen, die der Digitale Wandel mitunter mit sich bringen kann

 

Zukunftsoptimisten (progressive Milieus):

  • Wir tun alles dafür, dass ihr in Bezug auf den Digitalen Wandel auch weiterhin optimistisch bleiben könnt
  • Wir treiben den Digitalen Wandel zu eurem Nutzen mit aller Kraft voran

 

Der 10-Punkte-Plan von Benedikt Herles 

In seinem Buch „Zukunftsblind“ benennt Benedikt Herles nach ausführlicher Analyse 10 Punkte, wie wir als Gesellschaft die Kontrolle über den digitalen Fortschritt behalten und alle davon profitieren können.

Für Unternehmen könnte es lohnenswert sein, sich mit diesen Punkten zu befassen und den ein oder anderen Punkt herauszugreifen und zu unterstützen. Denn ohne die Schaffung fairer Rahmenbedingungen, von denen alle profitieren, wird Digitalisierung immer einen negativen Beigeschmack haben.